Orientierung durch Orthodoxe Dogmatische Erläuterung | Psychotherapie |
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Der Christ und der Staat Vater Johannes Nothhaas |
„Jedermann sei Untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu" (Röm 13,1-2). Man hat gesagt, dass niemand diesem Text entnehmen kann, dass hier ein christlicher Apostel zu einer christlichen Gemeinde redet. Könnte es sein, dass Paulus hier etwas dem Christentum Fremdes übernommen hat, was eigentlich gar nicht so ernst zu nehmen ist? Soll ein Christ einem Gott feindlichen Staat genauso „Untertan sein" wie einer Regierung, die ihm Religionsfreiheit gewährt? Man darf ohne weiteres annehmen, dass der Apostel wusste, welcher Wust an Mythologie, Cäsarenwahn und Statthalterwillkür im damaligen römischen Weltreich die Ausübung der Macht begründete. Obendrein war ihm als ausgebildetem Pharisäer auch die kritische Stellung der Juden gegen eine heidnische Staatsmacht bekannt. Beide Aspekte waren für ihn indes kein Grund, auch nur im Geheimen dem römischen Kaiser den staatlichen Gehorsam aufzukündigen. Wie kann er eine solche Haltung als Christ rechtfertigen? Paulus begründet den Gehorsam gegenüber der Staatsmacht ganz einfach mit ihrer Einsetzung durch Gott. „Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott". Wie aber soll der Christ dieser Gehorsamsforderung nachkommen, wenn der Staat gegen Gottes Gebot handelt? Der Abschnitt Rom 13,1-7 darf natürlich nicht aus dem Zusammenhang des Briefes herausgenommen werden. Er steht unter dem Vorzeichen dessen, was zu Anfang der letzten Briefteiles in Rom 12,2 gesagt worden ist: „Stellet euch nicht unter das Schema dieser Welt, sondern verändert euch durch die Erneuerung eures Sinnes. Prüfet, weiches der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist." Es ist die Stelle in seinem Brief, an der der Apostel übergeht von seiner Darlegung des christlichen Glaubens (Röm 1 - 11) in die Praxis (Röm 12 - 16 ). Im Anbruch eines neuen Zeitalters durch das Kommen Jesu Christi in diese gefallene Welt hat der Gläubige das Heil Gottes erfahren. Dieses soll nun sein Leben prägen. Dazu gehört auch sein Verhältnis zum Staat, zum römischen Kaiser. Die Unterordnung unter die staatlichen Behörden ist jedoch nur ein schmaler Ausschnitt im Handeln des Christen. Diese steht in einem gewissen Widerstreit zu seiner geistlichen Lebensweise. Diese soll sein „heilig und Gott wohlgefällig" und schließt sogar die Feindesliebe (Röm 12,20) ein. In Röm 12,19 wird dem Christen mit fast den selben Worten untersagt („Rächet euch selber nicht, meine Liebsten .."), was in Röm 13,4 der stattlichen Macht von Gott aufgetragen ist („…sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut"). Unmittelbar nach dem Abschnitt Rom 13,1-7 über den Gehorsam gegenüber der Staatsmacht folgt wiederum wie vorher die Ermahnung, die ethischen Gebote durch die Nächstenliebe zu erfüllen: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung" (Rom 13, 10). Damit ist die Aussage über den Gehorsam gegen den Staat als Einsetzung Gottes, der ihn mit der Schwertgewalt ausgerüstet hat, eingebettet in das Gebot der christlichen Nächstenliebe. - Wie aber soll der Gehorsam gegen den Staat mit seiner Schwertgewalt als Rächer des Bösen zusammengehen mit christlicher Nächstenliebe? Steht der Christ nicht bei Erfüllung beider Verpflichtungen in einem Zwiespalt? Die Antwort auf diese Frage: Die geistliche Lebensweise hat hier jedoch den Vorrang vor der politischen Unterordnung. Sie prägt die christliche Haltung zum Staat. So zahlen die Christen zwar die Kaisersteuer, weil alle staatliche Macht von Gott eingesetzt ist. Sie lehnen jedoch die göttliche Verehrung des römischen Kaisers ab. Das politische Leben ist in den vom christlichen Glauben geprägten Alltag eingebettet und zugleich eingeschränkt. Die Christen handeln nach der Anweisung des Herrn in der Zinsgroschenfrage: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist" (Mk 12,17). Die Forderung: „Gebt Gott, was Gottes ist" steht nicht gleichwertig neben der Weisung: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist", sondern sie lässt diese hinter sich und unter sich. Denn Gott ist alles. Die verfänglich gestellte Frage nach der Kaisersteuer sollte Jesus in eine Falle locken. Stimmt Er der Kaisersteuer zu, verrät Er sozusagen den jüdischen Glauben an die Gottesherrschaft. Lehnt Er sie ab, kann man Ihn als Rebell gegen den Kaiser anklagen. Der Herr durchschaut die Taktik seiner Gegner und antwortet mit dem bekannten Satz souverän und ohne Ironie. Indem er sich von seinen Gegnern eine Münze mit dem Kaiserbild geben lässt, zeigt er ihnen, dass sie durch den Gebrauch der Münzen faktisch schon die Fremdherrschaft anerkannt haben. Die Pharisäer hofften auf die Aufhebung der römischen Fremdherrschaft durch Gott, wie die Bitte im 18-Bittengebet zeigt: „Sei du König über uns allein". Wenn sich diese Hoffnung erfüllte, würde die Kaisersteuer enden. Jesus sieht diese Hoffnung auf Gottes Herrschaft unabhängig von den politischen Gegebenheiten erfüllt. Sie besteht neben der römischen Fremdherrschaft, und es kommt auf den Menschen an, ob und wie er sie wahrnimmt. Wenn Gott alle staatliche Gewalt eingesetzt hat, dann gehört Ihm und Seiner Herrschaft der Vorrang. Dann gehört Ihm das Herz und dem Kaiser als Seinem Vollstrecker die Kaisersteuer. Deshalb kann Er beide anerkennen und ihnen zukommen lassen, was ihnen gebührt. Die Weisung zur Zahlung der Kaisersteuer enthält trotz ihrer äußeren friedlichen Form einen theologischen Sprengstoff. Wenn es Gott ist, der auch der heidnischen Fremdherrschaft eine gewisse Berechtigung zukommen lässt, dann wird dadurch der Anspruch Israels, das erwählte Volk zu sein, durch das allein Gott seine Herrschaft aufrichtet, relativiert. Wer anders könnte eine solche Umwertung der Werte vornehmen als nur der Messias. Damit wird deutlich, dass die Christen in zwei Herrschaftsbereichen leben. Der eine ist die „Mitbürgerschaft im Himmel" (Phil 3,20). Sie schließt ein den Glauben an Gott als die höchste Autorität. Nichts kann und darf Ihm vorgezogen werden. Gott und Sein Reich sind das Ziel des Menschen in Zeit und Ewigkeit. Infolgedessen ist der andere Herrschaftsbereich, in den der Christ gestellt ist, der Staat, zweitrangig. Er ist vergänglich und dient alle in dem geordneten Zusammenleben der Menschen miteinander. Betrachtet man den Wandel de des Christen in den zwei Bereichen mit dem Maßstab der zehn Gebote, dann könnte man sagen: Die Mitbürgerschaft im Himmel lebt der Christ, indem er die drei Gebote der ersten Tafel (die sich alle auf Gott beziehen) als Grundlage für das Einhalten der Gebote der zweiten Tafel betrachtet. Mit dieser Gesinnung anerkennt der Christ dann auch die ethischen Verpflichtungen seiner Staatsbürgerschaft. Die Meinung, dass Röm 13,1-7 gegenüber modernen totalitären Regimen nicht mehr verbindlich sein könne, steht im Widerstreit mit dem Glauben, dass Gott auch der Herr über die Ihm feindlichen Mächte ist. Diese Anweisung des Apostels hat apostolische Gültigkeit, obwohl Paulus und mit ihm die Kirche erfahren hatte, dass durch den Staat den Christen Unrecht widerfuhr, ja, dass es dieser Staat war, der den Herrn ans Kreuz geschlagen hatte. Mit dem durch Gottes Gebot eingeschränkten Gehorsam gegenüber der staatlichen Macht würdigt der Christ nicht nur die Macht Gottes in und hinter der Geschichte, sondern gibt auch ein Zeugnis für das Ziel Gottes jenseits der Geschichte.
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