Orientierung durch Orthodoxe Dogmatische Erläuterung | Liturgische |
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Das Mysterium der Eucharistie (Das Herrenmahl) Vater Johannes Nothhaas |
Die westliche Christenheit bekennt ihren Glauben in der Liturgie mit dem apostolischen Glaubensbekenntnis, dessen dritter Artikel folgenden Wortlaut hat: „… (Ich glaube) … an den Heiligen Geist, eine heilige, katholische Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden und ein ewiges Leben." Bei genauerem Hinsehen fällt die Doppelung auf, mit der die Kirche in einem so konzentrierten Text noch einmal als „Gemeinschaft der Heiligen" erwähnt wird. Auch Luther ist das Wort „Gemeinschaft" an dieser Stelle nicht geheuer. Auf die Kirche möchte er dieses Wort überhaupt nicht angewendet sehen, wenigstens nicht bei der Übersetzung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses ins Deutsche (Gr. Kat. 11,49). Er wollte das Wesen der Kirche nicht mit einem menschlichen Gemeinschaftsbegriff erklärt sehen, weil sie von Gott gestiftet ist. Auch wusste er, dass der Ausdruck „Gemeinschaft der Heiligen" ein späterer Zusatz in dem Bekenntnis ist, der „Kirche" näher erklären sollte. So wurde dieser Ausdruck für Kirche 1500 Jahre durch die abendländische Kirchengeschichte mitgeschleppt und prägte das westliche Kirchenverständnis im sozialen Sinne. Lange Zeit dachte man, der Begriff „Gemeinschaft der Heiligen" (lateinisch „sanctorum communio") stamme aus der westlichen Tradition). Vor etwa 50 Jahren entdeckte man jedoch, dass der dritte Teil des Apostolischen Glaubensbekenntnisses seinen Ursprung im Osten hatte. Bischof Niketas von Remesiana (Serbien) verwendete den umstrittenen Ausdruck in einer Erklärung des Glaubensbekenntnisses. Kommt er jedoch aus dem Osten, so muss er von seinem griechischen Wortlaut her verstanden werden. Das griechische Wort für das deutsche „Gemeinschaft" heißt „koinonia". Dieses hat jedoch nur ausnahmsweise die soziale Bedeutung im Sinne von „Gemeinschaft von Personen". Seine Hauptbedeutung ist sachbezogen, und es wird daher auch mit dem Genetiv der Sache konstruiert. So muss „koinonia" im Sinne von „Teilhabe an einer Sache" verstanden werden. Wo im Deutschen „Gemeinschaft der Heiligen" steht, sagt das Griechische „Teilhabe an den heiligen Dingen". Hinzukommt noch, dass „der heiligen Dinge" grammatisch kein normaler Pluralgenetiv ist, sondern Dual, d. h. !der zwei heiligen Dinge". So muss also der deutsche Ausdruck „Gemeinschaft der Heiligen" (ein Begriff, der eine Gemeinschaft von Personen umschreibt) vom griechischen Sprachgebrauch richtig übersetzt werden mit: „Teilhabe an den beiden heiligen Dingen". Der dritte Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses lautet dann: Ich glaube an den Heiligen Geist, eine heilige, katholische Kirche , (statt: Gemeinschaft der Heiligen:) die Teilhabe an den beiden heiligen Dingen… Anstelle des überflüssigen Doppelausdrucks für Kirche (denn was anders sollte schon Kirche sein, als die Gemeinschaft der Heiligen?!) tritt nun ein weiterer Glaubensgegenstand. Um welch anderen wichtigen Glaubensinhalt kann es sich hier schon handeln, wenn von „zwei heiligen Dingen" die Rede ist, als um die beiden eucharistischen Gaben von Brot und Wein? Der Gebrauch der Zweizahl in Verbindung mit dem Wort „heilig" ist jedem Christen aus der sonntäglichen Liturgie bekannt, wenn der Priester vor der Austeilung der Kommunion ausruft:„Das Heilige den Heiligen!", wobei „das Heilige" die beiden eucharistischen Gaben, Leib und Blut Christi meint. Somit ist also im dritten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses auch die Eucharistie erwähnt. Dieses Verständnis der Eucharistie als Eingehen des unendlichen Gottes in die endliche Materie des gesegneten Brotes und Weins ist nicht das Resultat einer späteren Theologie, sondern beruht auf den Aussagen des Neuen Testaments: Auch der Apostel Paulus verwendet zur Erklärung der eucharistischen Gaben jenes griechische Wort „koinonia", das die reale Anteilnahme an den heiligen Gaben beschreibt. In 1. Kor 10,16 heißt es: „Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Teilhabe am Blut Christi; das gesegnete Brot, das wir brechen, ist das nicht die Teilhabe am Leib Christi?" Hier sind die beiden Dinge erwähnt, die die Zweizahl (den Dual) ausmachen in dem Ausruf des Priesters vor der Austeilung der Kommunion: „Das Heilige (griech.: „die beiden heiligen Dinge") den Heiligen!" Vom Neuen Testament über älteste liturgische Tradition bis ins Glaubensbekenntnis hinein ist dieses Verständnis der Eucharistie entfaltet und bewahrt worden. Das genossenschaftliche Abendmahlsverständnis der modernen Ausleger lässt sich aus dem griechischen Sprachgebrauch nicht begründen. Die sakramentale Interpretation des Ausdrucks wird noch bestätigt durch eine normannisch-französische Übersetzung des Apostolikums mit folgendem Wortlaut: „ Jeo crei el Seint Esprit; seinte eglise catholica; la communiun des seintes choses; remissiun des pecchiez; resurrectiun de charne; vie pardurable". Hier ist das „sanctorum" (der Heiligen) mit „seintes choses" (der heiligen Sachen) übersetzt. Es geht also unzweifelhaft nicht um ein personales Verständnis, sondern um ein sächlich-sakramentales von Kirche. Weiter bezeugt uns das Neue Testament: In allen drei synoptischen Evangelien setzt der Herr bei jenem letzten Mahl mit den 12 Jüngern die gesegneten Gaben von Brot und Wein gleich mit seinem Leib und Blut. Die Auffassung, Brot und Wein seien „nur" Zeichen für einen Inhalt der im übertragenen Sinn zu verstehen sei, und Brot bleibe „nur" Brot und Wein „nur" Wein, ist nicht schriftgemäß. Hinter dieser Umdeutung der Einsetzungsworte steht eine rationale Denkweise, die nur das für möglich hält, was Menschen aus ihrer Erfahrung kennen und sich vorstellen kommen. Es ist die uralte Versuchung, Gott den menschlichen Maßstäben zu unterwerfen. Wer sind wir, dass wir Menschen göttliches Handeln umdeuten und eine „Bedeutung" zum Glaubensinhalt erheben? Das Neue Testament ist da viel wirklichkeitsnaher. Insbesondere der Evangelist Johannes ist mit seiner Theologie ein machtvoller Zeuge für diese Wirklichkeitsnähe des göttlichen Wirkens. Schon in der Einleitung seines Evangeliums hat ein winziger Satz ein Welt erschütterndes Gewicht: „Der Logos ward Fleisch und wohnte unter uns ... " (Joh 1,14 ). „Der Logos" ist einer der höchsten und edelsten Begriffe der griechischen Philosophie. Dieser wird vom Evangelisten mit mutiger Unverfrorenheit als Ehrentitel für Christus okkupiert. Doch nicht genug damit: Er verbindet diesen hohen Wert mit dem tiefsten Unwert der griechischen Philosophie, mit dem „Fleisch", dem Symbol für alles Verderbliche. Ziel dieser geradezu „blasphemischen" Verbindungen ist zu verkünden: Der unendliche Gott ist eingegangen in die endliche Gestalt eines Menschen. Unter diesem Vorzeichen der Menschwerdung des Gottessohnes nicht im Mythos, sondern seines Kommens in die Geschichte in jenen Jahren in Palästina in diese und jene Städte, können die Aussagen des Herrn in seiner Brotrede nicht mehr verwundern. Dort verkündet er nach der wundersamen Brotvermehrung: „Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist." Auf den Einwand der Juden, er sei doch Josephs Sohn, sagt er: „Ich bin das lebendige Brot ... Wer davon isst, ... wird leben in Ewigkeit." Auf erneuten Widerspruch der Juden erklärt er: „Wer mein Fleisch isst und trinkt mein Blut, der hat das ewige Leben." (Joh 6,41 ff). Da im Johannesevangelium nirgends sonst von der Einsetzung des Herrenmahles die Rede ist, kann mit dieser Rede nur das Vermächtnis des Mahles seiner sakramentalen Gegenwart gemeint sein. Auch dieses bestätigt die Einheit des neutestamentlichen Abendmahlsverständnisses.
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